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Ausstellungen | Ausstellung

Michel Majerus

Mudam Luxembourg

In der kurzen Dauer seiner außerordentlich produktiven Karriere gelang es Michel Majerus (1967, Esch-sur-Alzette - 2002, Niederanven), den Geist seiner Zeit, jener durch einen sich global ausbreitenden Konsum und von einer zunehmend digitaler Technologie geprägten Jahrzehnte zu erfassen. Seine großformatigen Gemälde und Installationen zeichnen sich durch ein collageartiges Sampling von Versatzstücken aus, die er aus einem äußerst heterogenen Fundus von Bildern und Texten aus der Kunstgeschichte, von Videospielen, aus der Werbung oder der elektronischen Musik schöpft und mit dem er auf den verrückten Hunger nach Bildern und Informationen in der Zeit des die Gesellschaft durchdringenden noch jungen Internets antwortet. In seiner Arbeit überschritt Majerus die gewohnten Regeln der Malerei und schuf unverwechselbare Interpretationen der Popkultur der 90er und der frühen 2000er Jahre, deren Relevanz bis heute nicht nachgelassen hat. Majerus’ malerische Installationen untersuchten meist die wachsende Bedeutung des Digitalen. Sie erlaubten den Besuchern, sie zu betreten, was ihnen auf immersive Weise eine körperliche Erfahrung dieser Zunahme des Visuellen vermittelte. SINNMASCHINE (1997), die als Teil der Ausstellung im Grand Hall des Mudam steht, gehört zu diesen Arbeiten. In Anspielung auf das Album The Man-Machine (1978) der deutschen Elektropop-Band Kraftwerk ist ihr Boden als Dancefloor gestaltet, von dem die Schritte der Besucher widerhallen. Indem es auf spielerische Weise das Vokabular aus Unterhaltung, Werbung und Nachrichten vermengt, verweist dieses Kunstwerk auf die Gleichförmigkeit des Geschmacks in einer vom globalisierten Kapitalismus geprägten Gesellschaft. Majerus arbeitete mit dem Bilderfundus aus dem Internet, als das Informationszeitalter noch in seinen Kinderschuhen steckte. Zusätzlich zu SINNMASCHINE präsentiert die Ausstellung noch einige weitere Gemälde von Majerus. Doch statt einen retrospektiven Überblick geben zu wollen, konzentriert sich die Ausstellung auf Majerus’ Arbeitsmethoden, indem erstmalig Archivdokumente aus dem Nachlass von Michel Majerus gezeigt werden. Durch seine Notizbücher, seine Bücher und durch Videoaufnahmen bekommt man eine Ahnung von der faszinierenden Art und Weise, in der Majerus der Welt, in der sein Leben stattfand, Sinn gab – und auf sprichwörtliche Weise eine „Sinnmaschine“ konstruierte. Als aufmerksamer Beobachter der ihn umgebenden Welt, also der Szene einer sich neu entwickelnden globalen digitalen Bildsprache, hielt er seine Gedanken und Eindrücke fest in den Zeichnungen und Texten in seinen Notizbüchern. Die Bücher seiner Bibliothek und seine Videoaufnahmen in VHS, die in der Ausstellung zu sehen sind, führen uns ein in die Welt des Künstlers und erlauben einen verstehenden Zugang zu seinen vielseitigen Interessen wie auch zu den Dingen, die ihn inspirierten und aus denen einige seiner bedeutendsten Werke, wie die SINNMASCHINE, hervorgingen. Biografie Michel Majerus (1967, Esch-sur-Alzette - 2002, Niederanven) studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, bevor er nach Berlin zog, wo er, mit Ausnahme eines einjährigen Aufenthaltes in Los Angeles, bis zu seinem frühen Tod durch einen Flugzeugabsturz im Jahr 2002 lebte und arbeitete. Sein Werk wird in Einzelausstellungen im KW Institute of Contemporary Art, Berlin, im Hamburger Kunstverein und im Neuen Berliner Kunstverein gezeigt werden, neben dreizehn weiteren Museen, die Werke von Majerus aus ihrer Sammlung zeigen werden im Rahmen von Michel Majerus 2022, einer in Deutschland stattfindenden Ausstellungsreihe zu seinem Gedenken. Frühere Einzelausstellungen fanden im Kunstmuseum Stuttgart (2011), im Mudam Luxembourg (2006), im Stedelijk Museum, Amsterdam (2005), im Kunsthaus Graz (2005), in den Deichtorhallen Hamburg (2005), in der T te Liverpool (2004) im Hamburger Bahnhof, Berlin (2003) und in der Kunsthalle Basel (1996) statt. Kuratorin: Bettina Steinbrügge, assistiert von Clémentine Proby Medienpartner: Luxemburger Wort Diese Ausstellung ist das letzte Kapitel eines der Arbeit von Michel Majerus gewidmeten Programms. Es begann im November 2022 mit dem Symposium what looks good today may not look good tomorrow: The Legacy of Michel Majerus, dessen Beiträge in einer zur Eröffnung der Ausstellung herausgegebenen Publikation erscheinen werden.
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Peter Halley

Mudam Luxembourg

Angeregt von dem Gemälde Yesterday, Today, Tomorrow (1987) aus der Mudam Sammlung konzentriert sich diese umfassende monografische Ausstellung auf die ersten zehn Jahre in der künstlerischen Laufbahn von Peter Halley, einer Zeit des intensiven Schaffens, in der er seine malerische Praxis entwickelte und zahlreiche kritische Texte verfasste. Mit dreißig bedeutenden Werken aus öffentlichen und privaten Sammlungen sowie einem Ensemble aus Zeichnungen, Skizzen und Notizen wird diese Ausstellung die Entwicklung der Bildsprache, für die der Künstler bekannt ist, sowie ihre geistesgeschichtlichen Wurzeln aufzeigen. Nachdem er in den späten 1970er Jahren sein Studium in Yale und New Orleans abgeschlossen hatte, kehrte Peter Halley 1980 nach New York zurück und ließ sich im East Village in Manhattan nieder. Im selben Jahr malte er seine ersten Bilder des Eingesperrtseins, in denen er in der Bildsprache der geometrischen Abstraktion auf die Bürokratisierung der Umwelt reagierte. Halley stellte auf radikale Weise die symbolischen Bedeutungen der Moderne in Frage und dekonstruierte die Formensprache der Abstraktion und eine ihrer bedeutungsvollsten Formen, das Quadrat. Die Abstraktion wurde hierbei nicht mehr als utopischer Ausgangspunkt der Befreiung verstanden, sondern als dystopisches Symbol für die Regulierung der Umwelt und des sozialen Raums wie auch im Hinblick auf den Einfluss, den die Technologie auf das Leben heute hat. Halleys Arbeiten entstanden in der Frühzeit der Internetära, in einer Zeit der immer massenhafteren Verbreitung von privaten Computern. Dabei entwickelte er in seinen Bildern ein System geometrischer Icons, die er als „Gefängnis“, „Zellen“ und „Leitungen“ beschrieb, und mit denen er Themen wie Abgeschlossenheit, Isolation und Verbindung behandelte. Indem er mit unkonventionellen Materialien arbeitete, wie mit Roll-A-Tex, einem Farbadditiv, mit dem man beim Auftrag eine Oberflächentextur erhält, oder den fluoreszierenden Farben von Day-Glo, verwies er auf die zunehmende Mechanisierung der handwerklichen Arbeit und des Know-Hows wie auch auf die überall vorkommende Technologie in unserer postmodernen Umwelt. In seinem Essay Geometry and the Social aus dem Jahr 1990 machte er sich Gedanken über diese grundlegende Phase seiner Arbeit und schrieb: Ich wollte den Blick auf diese geometrisierte, rationalisierte und quantifizierte Welt lenken. Ich sah darin eine Welt, die beherrscht wurde von Effizienz, von der Reglementierung der Mobilität, von Bürokratien, im Unternehmen, der Regierung oder an der Universität… Geometrie ist auch die Sprache der Klasse der Manager und anderer Professionellen. Sie ist die Sprache der Unternehmen und der Ablaufdiagramme, sie ist die Sprache der Stadtplanung und des Marketings. Biografie Peter Halley (1953, New York) hatte bedeutende Einzelausstellungen in folgenden Einrichtungen: Dallas Contemporary (2021); Schirn Kunsthalle, Frankfurt (2016); Musée d’Art Moderne Saint- Etienne Métropole (2014); Kitakyushu Municipal Museum of Art, Japan; Folkwang Museum, Essen (1998); Museum of Modern Art, New York (1997); Dallas Museum of Art (1995); Des Moines Art Center (1992); CAPC – Musée d‘Art Contemporain de Bordeaux; Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid; Stedelijk Museum, Amsterdam (1991); Museum Haus Esters, Krefeld, sowie im Institute of Contemporary Art, London (1989). Seine Arbeiten finden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen, wie im Museum of Modern Art, New York ; Stedelijk Museum, Amsterdam ; Tate, London und Centre Pompidou, Paris. Er lebt und arbeitet in New York. Kuratorin: Michelle Cotton, assistiert von Sarah Beaumont Mit der Unterstützung unserer Ausstellungspartner: Banque Degroof Petercam Luxembourg Cargolux Die Ausstellung begleitet ein umfassend illustrierter Katalog mit einem ausführlichen Interview mit dem Künstler, einem Beitrag der Kuratorin und zwei neue Texte von Tim Griffin und Paul Pieroni.
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Tourmaline. Pleasure and Pollinator

Mudam Luxembourg

Das Mudam Luxembourg präsentiert neuere Arbeiten der Künstlerin Tourmaline, Preisträgerin des Baloise Art Prize 2022. Es handelt sich dabei um die erste Solo-Präsentation von Tourmalines Werk in einem europäischen Museum: Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das digitale Video Pollinator, das die Baloise Group dem Museum schenkte. Tourmaline ist Künstlerin, Autorin und eine Transgender-Aktivistin, die hauptsächlich mit Video und Fotografie arbeitet, um aufwändig inszenierte Szenen festzuhalten, mit denen sie Persönlichkeiten aus der LGBTQI+-Bewegung und der Queer-Culture die Ehre erweist. Ihre Arbeit bevorzugt eine feierliche Perspektive in dem Versuch, sich eine alternative Geschichte für schwarze Transgender- Gemeinschaften vorzustellen, wobei sie in ihren Videos oft spekulative Fiktion einsetzt. Die Arbeit der Künstlerin ist von Saidiya Hartmans Konzept der „critical fabulation“ beeinflusst, dass Fiktion und Spekulation bevorzugt, wenn es darum geht, marginalisierte Geschichten (neu) zu schreiben, die in den offiziellen historischen Quellen ausgelöscht oder falsch wiedergegeben worden sind. In Verbindung mit Archivmaterial, wie in der Arbeit von Tourmaline, haben diese narrativen Werkzeuge das politische Potenzial des Empowerments. Die Künstlerin verwendet in ihrer Arbeit diese narrativen Werkzeuge mit ihrem politischen Potenzial dazu, einer vorgestellten Genealogie schwarzer, queerer Persönlichkeiten nachzuspüren, in die auch Tourmaline selbst eingeordnet werden kann. Pollinator (2022) verwendet Aufnahmen von Tourmaline, die in Kostümen des frühen 20. Jahrhunderts gekleidet durch den Botanischen Garten in Brooklyn und durch die Edwardianischen Räume im Brooklyn Museum schreitet. Sie werden unterbrochen von Archivaufnahmen von Marsha P. Johnson, einer Aktivistin und Performerin, die half, die Street Transvestite Action Revolutionaries (STAR) zu gründen und an der Stonewall-Revolte von 1969 teilgenommen hatte. Während Tourmaline durch die Gärten geht und über die Pflanzen streift, wird sie zum „Pollenspender“ (pollinator), indem sie Pollen auf ihrer Kleidung trägt. Diese sinnlichen Szenen werden von anderen, von Tourmaline selbst aufgenommenen Szenen unterbrochen, die ihren singenden, lachenden und eine Zigarette rauchenden Vater zeigen, sowie auch von gefundenem Filmmaterial mit Interviews mit Menschen, die Johnson kannten. Eine dieser Personen hält ein lächelndes Abbild von ihr in der Hand. Diese Montage erinnert auf freudvolle Weise daran, dass Johnson Menschen in New York, die Gender-Normen nicht entsprachen oder transsexuell waren, fördernd und nährend zur Seite stand: so war sie also in übertragenem Sinn eine „Pollenspenderin“. Während sie queeren Schmerz evoziert, bevorzugt Tourmaline in ihrer Arbeit eine feierliche Perspektive, um sich auf diese Weise eine alternative Geschichte und Zukunft für schwarze Transgender-Gemeinschaften vorzustellen – dieser Ansatz erinnert an das Konzept des sogenannten ‚Freedom Dreaming‘ des Historikers Robin D.G. Kelley. Biografie Tourmaline (1983, Roxbury, Massachusetts) ist eine der beiden Preisträgerinnen des Baloise Art Prize 2022. Die Arbeiten von Tourmaline wurden in bedeutenden Gruppenausstellungen gezeigt, wie Mountain/Time im Aspen Art Museum (2022), The Slipstream: Reflection, Resilience, and Resistance in the Art of Our Time im Bronx Museum of the Arts, New York (2021) und Critical Fabulations im MoMA, New York (2021). Ihre Videoinstallation Mary III of Fame (2022) wird aktuell auf der 59. Biennale von Venedig (2022) gezeigt. Tourmalines Arbeiten sind Teil bedeutender öffentlicher und privater Sammlungen, wie im Brooklyn Museum, New York, im Los Angeles County Museum of Art, im Metropolitan Museum of Art, New York, im MoMA, New York, in der National Gallery of Victoria, Melbourne und in der Tate Modern in London. Kuratorin: Marie-Noëlle Farcy, assistiert von Line Ajan Baloise Art Prize 2022 Der Baloise Art Prize wird in jedem Jahr an zwei Künstler der Abteilung Statements auf der Kunstmesse Art Basel vergeben. Dieser 1999 gegründete Preis zeichnet Nachwuchskünstler aus und finanziert die Schenkung eines oder mehrerer ihrer Werke an die beiden Partnermuseen. Seit 2015 ist das Mudam eines dieser beiden.
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Colonialism in camouflage

Mudam Luxembourg

Mit The Radio Disaster Series: Colonialism in camouflage [Getarnter Kolonialismus] kündigt das Mudam ein Veranstaltungsprogramm des Kollektivs Beyond the post-soviet in Zusammenarbeit mit dem Mudam an. Diese zweite Ausgabe der Radio Disaster Series widmet sich dem dekolonialen Denken und der Frage, wie man mit seiner Hilfe die Heimtücke des imperialistischen und kolonialistischen Denkens sowie kolonialer Praktiken in Europa und in postkolonialen Gebieten kritisch reflektieren und ihnen Widerstand leisten kann. Kapitel I: Imperial violence and occupation in (post-)Soviet territories and beyond Das vom Mudam in Auftrag gegebene und von Beyond the post-soviet kuratierte erste Kapitel ist eine Reaktion auf die Dringlichkeit, die anhaltende imperiale Gewalt gegenüber Mittelosteuropa, den baltischen Staaten, dem Kaukasus, Zentralasien und darüber hinaus sowie ihre langfristigen Auswirkungen auf die Gesellschaften und ihren Ausdruck in der bildenden Kunst anzuerkennen. Ab November 2022 werden im Rahmen von Colonialism in Camouflage eine Reihe von Offline- und Online-Veranstaltungen stattfinden: ein Vortrag von Epp Annus, eine Listening Session, eine intensive Betrachtung eines Kunstwerks aus der Sammlung des Mudam sowie Workshops für Erwachsene und Kinder. Der Titel des Programms leitet sich ab von Soviet Postcolonial Studies: A View from the Western Borderlands (2018), einem Buch der Literaturwissenschaftlerin und Autorin Epp Annus, die den Ausdruck „colonialism in camouflage“ [getarnter Kolonialismus] verwendet, um verschiedene Strategien der sowjetischen Vorherrschaft aufzuzeigen. Diese in verschiedenen Regionen angewandten Strategien umfassten territoriale Besetzungen, Deportationen, Völkermorde, künstlich herbeigeführte Hungersnöte, die Unterdrückung lokaler Kulturen sowie eine bewusste Auslöschung des kulturellen Gedächtnisses. Der Titel verweist auch auf eine lange Geschichte militärischer Gewalt in diesen Gebieten, wobei die jüngste russische Militäroffensive in der Ukraine sich nicht als isoliertes Ereignis präsentiert, sondern als Ergebnis anhaltender imperial-kolonialer Strategien und Denkweisen. Das zweite Kapitel, das im Januar 2023 beginnt, wird diese Themen erweitern und sich auf die lang anhaltenden Folgen des westeuropäischen Kolonialismus konzentrieren. Dieser Teil wurde von Mudam konzipiert und wird von Line Ajan, Clémentine Proby und Joel Valabrega kuratiert. Als Antwort auf diese Thematik versucht das Programm, mit denTeilnehmer·innen einen geschützten Raum zu etablieren, innerhalb dessen theoretische und künstlerische Beiträge, Diskussionen und Debatten auf individuelle und kollektive Geschichten und Erinnerungen im Sinne wertvoller Wissensquellen zurückgreifen werden. Diese Momente des Lernens zielen auf ein kollektives unlearning jener imperialistischer Vorstellungen und Perspektiven ab, die in die westlichen Gesellschaften eingebettet sind. Listening Session How to be anti-colonial? 04.12.22 | 14h00 In einem Beitrag zu einer Serie von Veröffentlichungen mit dem Titel „Are we post-colonial? Post-Soviet space” [sind wir postkolonial? Post-sowjetischer Raum] fragt die renommierte Literaturtheoretikerin, postkoloniale und feministische Wissenschaftlerin Gayatri Chakravorty Spivak Lehrende der slawischen und osteuropäischen Literatur „Sind Sie postkolonial?“ (2005). Die tief verankerte physische, ökonomische und kulturelle Gewalt eines jeden kolonialen Projekts, einschließlich jener, die zuerst das imperiale Russland, dann die Sowjetunion und heute der russische Staat ausübt, wird auf diese Weise in individuelle und kollektive Narrative eingebettet. Im Einklang mit Spivaks Gedanken ist die Listening Session in Dialog mit dem Kurator und Theoretiker Vasyl Cherepanyn, der Künstlerin Lia Dostlieva, der Künstlerin und Kuratorin Tatiana Fiodorova und die Philosophin Renata Salecl als Raum für den Austausch über verschiedene Formen der Besatzung – politisch, territorial, kulturell, ideologisch – sowie für das Überdenken der Rahmenbedingungen eines solchen Austauschs gedacht. Das Publikum ist zum aufmerksamen Zuhören eingeladen. Am Ende der Session findet eine informelle Versammlung im Auditorium des Mudam ohne Mikrofone statt.
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Nora Turato. i am happy to own my implicit biases

Mudam Luxembourg

Aus Anlass ihrer Aufnahme in die Mudam Sammlung wird die Arbeit i am happy to own my implicit biases (malo mrkva, malo batina) (2018-2020) von Nora Turato vom 19. November 2022 bis zum 4. Mai 2023 im Foyer im Untergeschoss des Museums präsentiert, im weiteren Zusammenhang auch mit der Ausstellung 25 Jahre Mudam Sammlung. Nora Turato (1991, Zagreb) ist bekannt für ihre Spoken Word Performances, ihre Künstlerbücher und ihre Videos, in denen sie Text und Malerei reichlich Platz einräumt. Auf der Basis ihrer musikalischen Erfahrung und ihrer grafischen Ausbildung fügt sie Worte und Phrasen aus den Medien und aus ihren eigenen Unterhaltungen zu epischen „Skripts“ für ihre Performances oder zu ihren typografischen Arbeiten zusammen, für die sie die unterschiedlichsten Mittel und Träger wählt. Ihre Arbeit interessiert sich für die Sprunghaftigkeit der Sprache, die sie hörbar macht durch ihre stimmliche Modulation und sichtbar durch ihre grafische Form. i am happy to own my implicit biases (malo mrkva, malo batina) (2018-2020) ist eine Soundinstallation in einer großen Metallstruktur, die ursprünglich für die Manifesta 12 in Palermo angefertigt worden war, wo sie im Oratorio di San Lorenzo gezeigt wurde. Mit Elementen eines Käfigs, einer Umkleidekabine und einen Beichtstuhls funktioniert dieses Gefängnisenvironment gleichermaßen als Bühne für Turatos Performances wie als Sitzgelegenheit für die Zuschauer und wo man sich unterhalten kann. Die Installation wird von einer Aufnahme der Stimme der Künstlerin begleitet, die aus den oben angebrachten Lautsprechern zu hören ist. Die gleichnamige Performance, die den Soundtrack zur Installation bildet, besteht aus Fragmenten einer Unterhaltung. Das Skript erwähnt die doñas de fuera (Frauen von außerhalb), weibliche Geister aus der sizilianischen Folklore (deren Bezeichnung noch auf die Zeit der spanischen Herrschaft über die Insel zurückgeht), die, so sagte man, die von der Inquisition der Hexerei verdächtigten Frauen quälten. Diese historische Referenz ist Teil der kontinuierlichen Reflexion der Künstlerin über das Schweigen der Frauen in patriarchalischen Gesellschaften, die dann in der wütenden, wortmächtigen und kraftvollen weiblichen Figur in ihren Performances Gestalt annimmt. Biographie Nora Turato (1991, Zagreb) hatte Einzelausstellungen im MoMA, New York (2022), in der Wiener Secession, (2021), im MASI, Lugano, im Centre Pompidou, Paris, im Museum für Gegenwartskunst Siegen (2020), im Museum Serralves, Porto und in der Beursschouwburg, Bruxelles (2019). Ihre Arbeit wurde in internationalen Gruppenausstellungen gezeigt, wie auf der Biennale von Belgrad oder der Manifesta 12 in Palermo (2018).
Ausstellungen | Installation

Patrick Muller "Just when I thought I’d know you"

Rainy Days - Festival für neue Musik

Geöffnet eine Stunde vor Beginn aller Konzerte bis zum Veranstaltungsende Der luxemburgische Künstler Patrick Muller verwandelt in seiner Klanginstallation eine häufig übersehene Nische des Philharmonie-Foyers in einen intimen Raum des Hörens und erfüllt diesen mit Klängen demontierter Musikinstrumente, die neben der Salle de Musique de Chambre in Bewegung gesetzt und beobachtet werden können. Freier Eintritt
Ausstellungen | Ausstellung

Face-à-Face

Mudam Luxembourg

Moderne Galerie/Mudam Luxembourg: Zwei Sammlungen im Dialog In der Ausstellung Face-à-Face geht es um einen neuartigen Dialog zwischen den Sammlungen zweier Museen. Sie stellt Beziehungen her zwischen Kunstwerken bedeutender deutscher und französischer Vertreter·innen der Avantgarden der Modernen Kunst und den Arbeiten zeitgenössischer Künstler·innen aus allen Teilen der Welt. Themen wie die Metamorphose, die Verwandlung der Materie, optische Phänomene oder die Wahrnehmung des Raumes bestimmen die Präsentation in der Ostgalerie. In ihnen zeigt sich nicht nur eine Vielfalt formaler Experimente, sondern auch der Drang vieler Künstler·innen, die Gesellschaft auf ihre sozialen und politischen Strukturen hin zu untersuchen. In Europa artikulierte sich die künstlerische Blüte der 1920er-Jahre oft in gemeinschaftlichen Unternehmungen. Künstler wie Lyonel Feininger und László Moholy-Nagy waren Teil der innovativen Bauhaus-Bewegung, die 1919 in Weimar gegründet wurde und sich zum Ziel gesetzt hatte, Kunst, Architektur und Kunsthandwerk zu vereinen. Ihre Arbeiten, in denen sie die Vereinfachung beziehungsweise die Vereinzelung geometrisch-figürlicher und abstrakter Motive untersuchen, ähneln den fotografischen Experimenten von Albert Renger-Patzsch, der der zwischen 1918 und 1933 aufblühenden Bewegung der Neuen Sachlichkeit nahestand. Ihr Verständnis von der Wahrnehmung des Raumes und seines Aufbrechens findet ein Echo in den Arbeiten aus heutiger Zeit von Lee Bul oder Alicja Kwade. Die Beschäftigung mit der spirituellen Dimension des Waldes bei Emily Bates oder aber die traumhaften Landschaften von Germaine Hoffmann bilden ein fernes Echo des Surrealismus, der hier mit Werken seiner bedeutenden Vertreter Hans Bellmer und Max Ernst präsent ist. Wenngleich diese Bewegung weit über Europa hinausreichte, fand sie ihren Ursprung in Frankreich, wo André Breton 1924 das Manifest des Surrealismus veröffentlichte. Befreit von den Zwängen der Vernunft, nehmen in diesem das Unterbewusste, der Traum und das Fremdartige einen besonderen Platz ein. Die Welt des Surrealismus ist voll von hybriden organischen Formen, die es so auch in der zeitgenössischen Kunst gibt, etwa bei Michel Paysant, Tobias Putrih oder François Roche. Auch die Nachkriegszeit in Deutschland war in künstlerischer Hinsicht besonders fruchtbar. In den 1950er-Jahren knüpfte die Subjektive Fotografie mit Otto Steinert als führendem Kopf an den Modernismus der Zwanzigerjahre an, den die Nationalsozialisten zum Schweigen gebracht hatten. Ohne den Anspruch, die Wirklichkeit wiedergeben zu wollen, fanden die Fotograf·innen eigene Blickwinkel und zahllose Motive, denen sie die Kraft der Abstraktion verliehen. Diese ist auch in den Fotolithografien von Lutz & Guggisberg oder im Video von Yazid Oulab spürbar. Als dann in den 1960er-Jahren im Zeitalter der Eroberung des Weltraumes Künstler wie Heinz Mack und Otto Piene die Gruppe ZERO gründeten, ein freiheitliches, bilderstürmerisches und utopisches Projekt, wurde deutlich, dass sie einen vollständigen Neubeginn anstrebten und die Materialität der Leinwand hinter sich lassen wollten. Sie griffen auf neue industrielle Materialien zurück, die sie durch ihre optische oder bewegliche Qualität beeindruckten. Diese Hervorhebung der Bewegung, des Raumes und des Lichtes findet sich heute in der Malerei von Janaina Tschäpe. Im Zentrum des Parcours in der Westgalerie steht der menschliche Körper in all seinen Erscheinungsformen. Er dominiert in kunstvoller Präsenz den Raum und wird zum Träger alter und neuer Mythen. Er steht auch metaphorisch für eine Art inneren Rückzug oder, im Gegenteil, sieht sich dem Tumult der Welt ausgesetzt. Die Darstellung der menschlichen Figur wurde im vergangenen Jahrhundert immer wieder neu formuliert. Auch heute wird sie von Künstler·innen neu erfunden. Von Henri Matisses Porträts bis zu jenen von Nan Goldin erstreckt sich ein weites Spektrum künstlerischer Sensibilitäten, von der Suche nach der Harmonie bei ersterem bis hin zum Blick auf die Brüche im Privaten bei letzterer. Bei Fernand Léger und Kathia St. Hilaire wird die Figur zum Archetypen, stellvertretend für die Moderne beziehungsweise für die Kultur Haitis. Im frühen 20. Jahrhundert entwickelte sich auch eine intensive Beziehung zwischen Tanz und bildender Kunst. Auf das Ausloten der Möglichkeiten freier Bewegung im Raum in den neuen Formen des modernen Tanzes antworteten Bildhauer·innen mit Experimenten in der Darstellung des Körpers. Für zahlreiche moderne Künstler·innen wie zum Beispiel Rudolf Belling oder Alexander Archipenko war der bewegte Körper ein zentrales Motiv ihrer Untersuchungen. Archipenko entwickelte in den 1910er-Jahren einen auf einem dynamischen Dialog zwischen Figur und Raum basierenden Stil, der vom Rhythmus bestimmt wurde. Der Tanz steht auch in der zeitgenössischen Arbeit von Silke Otto-Knapp im Mittelpunkt, die diesem Spannungsverhältnis in ihrer Malerei einen besonderen Klang zu verleihen vermag. Als Giorgio de Chirico 1915 in Ferrara die Bewegung der Pittura Metafisica gründete, versuchte er in seinen Bildern durch Erstarrung und Stille ins Innere der Welt vorzudringen. Dieser Rückzug aus dem lauten Durcheinander der Welt erfährt in der abstrakten Malerei von Helmut Federle eine spirituelle Dimension, geometrisch und flimmernd zugleich. Bei Rui Moreira hingegen zeigt sich das innere Leben als Gleichklang der Bewegung des Körpers und der geistigen Landschaft. Demgegenüber steht das Getöse der Geschichte, das Ludwig Meidner und Otto Dix beschreiben. Beide den Avantgarden ihrer Zeit nahestehende Künstler sahen den Nationalismus in Europa heraufziehen, der eine vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der andere mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 in Deutschland. Ihre hier gezeigten Arbeiten sind hellsichtige Blicke auf die kommenden Katastrophen. Die Trauerszene im Kosovo von Pascal Convert zeugt von der Wiederkehr des Krieges nach Europa am Ende der 1990er-Jahre. Sein universell gültiges Thema verleiht diesem Werk eine finstere Aktualität im Angesicht des jüngsten Krieges in der Ukraine. Das grenzübergreifende Projekt Face-à-Face wird mit identischer Laufzeit im Mudam Luxemburg und im Saarlandmuseum gezeigt. Als Kontrapunkt des Dialogs zwischen den Werken moderner und zeitgenössischer Kunst aus beiden Sammlungen, der in Luxemburg stattfinden wird, werden ausgewählte Stücke aus der Mudam Sammlung in Deutschland gezeigt. Werke von Tania Bruguera, Günther Förg, Su-Mei Tse oder Blinky Palermo und anderen treten in spannungsreichen Dialog mit den Saarbrücker Beständen. Zudem werden raumgreifende mediale und installative Arbeiten der Luxemburger Sammlung von u.a. Eija-Liisa Ahtila, David Altmejd, Martha Atienza, Mel Chin bis hin zu Kara Walker in den weitläufigen Ausstellungssälen der Modernen Galerie präsentiert werden und das Spektrum der Gegenwartskunst in neuer Breite erfahrbar machen. Künstler, deren Werke im Mudam gezeigt werden (Änderungen vorbehalten): Aus der Sammlung des Saarlandmuseums Alexander Archipenko (1887, Kiev – 1964, New York), Rudolf Belling (1886, Berlin – 1972, Krailling, Allemagne), Hans Bellmer (1902, Katowice, Pologne – 1975, Paris), Monika von Boch (1915, Mettlach, Allemagne – 1993, Mettlach, Allemagne), Giorgio de Chirico (1888, Vólos, Grèce – 1978, Rome), Otto Dix (1891, Gera, Allemagne – 1969, Singen, Allemagne), Max Ernst (1891, Brühl, Allemagne – 1976, Paris), Lyonel Feininger (1871, New York – 1956, New York), Norbert Kricke (1922, Dusseldorf – 1984, Dusseldorf), Henri Laurens (1885, Paris – 1954, Paris), Georg Grosz (1893, Berlin – 1959, Berlin), Fernand Léger (1881, Argentan, France – 1955, Gif-sur-Yvette, France), Heinz Mack (1931, Lollar, Allemagne), Henri Matisse (1869, Le Cateau-Cambrésis, France – 1954, Nice), Ludwig Meidner (1884, Bierutów, Pologne – 1966, Darmstadt), László Moholy-Nagy (1895, Bácsborsód, Hongrie – 1946, Chicago), Otto Piene (1928, Laasphe, Allemagne – 2014, Berlin), Albert Renger-Patzsch (1897, Würzbourg, Allemagne – 1966, Wamel, Pays-Bas), Auguste Renoir (1841, Limoges, France – 1919, Cagnes-sur-Mer, France), Auguste Rodin (1840, Paris – 1917, Meudon), Josef Scharl (1896, Munich – 1954, New York), Jan J. Schoonhoven (1914, Delft – 1994, Delft), Otto Steinert (1915, Sarrebruck – 1978, Essen) Aus der Sammlung des Mudam Emily Bates (1970, Basingstoke, Royaume-Uni), Miguel Branco (1963, Castelo Branco, Portugal), Beaurin Domercq (1960, France / 1965, France), Katinka Bock (1976, Francfort-sur-le-Main), Giulia Cenci (1988, Cortone), Pascal Convert (1957, Mont-de-Marsan, France), Helmut Federle (1944, Soleure, Suisse), Roland Fischer (1958, Sarrebruck, Allemagne), Nan Goldin (1953, Washington), Germaine Hoffmann (1930, Luxembourg), Dom Sylvester Houédard (1924, Guernesey – 1992, Guernesey), Alicja Kwade (1979, Katowice, Pologne), Lee Bul (1964, Séoul), Mark Lewis (1958, Hamilton, Canada), Edward Lipski (1966, Londres), Little Warsaw (fondé en 1996), Lutz & Guggisberg (1968, Suisse/1966, Suisse), Andrea Mastrovito (1978, Bergame), Isabelle Marmann (1975, Luxembourg), Rui Moreira (1971, Porto), Silke Otto-Knapp (1970, Osnabrück, Allemagne), Yazid Oulab (1958, Sedrata, Algérie), Michel Paysant (1955, Bouzonville, France), Tobias Putrih (1972, Kranj, Slovénie), François Roche/R&Sie(n) (1961, Paris), Nedko Solakov (1957, Cherven Bryag, Bulgarie), Kathia St. Hilaire (1995, Palm Beach, États-Unis), Janaina Tschäpe (1973, Munich) Kuratorin der Ausstellung im Mudam: Marie-Noëlle Farcy, Assistiert von Vanessa Lecomte Szenografie: Fabeck Architectes Kuratoren der Ausstellung im Saarlandmuseum: Andrea Jahn (Direktorin), Kathrin Elvers-Švamberk (stellvertretende Direktorin) Eine Zusammenarbeit zwischen: Mudam Luxembourg – Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean und Moderne Galerie – Saarlandmuseum Saarbrücken
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Sung Tieu. Civic Floor

Mudam Luxembourg

Die Ausstellungen der Künstlerin Sung Tieu (1987, Hai Duong, Vietnam), die mit verschiedenen Medien arbeitet, basieren auf umfangreichen Recherchen. Ihre Skulpturen, Zeichnungen, Texte und Soundarbeiten thematisieren Fragen von Regierungsgewalt, Bürgerpflicht und Gerechtigkeit über eine Analyse staatlicher Kontrollmechanismen. Sie beziehen sich auf die Kunstgeschichte, insbesondere den Minimalismus und dessen Verwendung des Rasters, und beleuchten, wie sich Ideologien in Industriedesign und Architektur einschreiben, sowie die Vorherrschaft der Abstraktion als organisierende Kraft. Civic Floor besteht aus einer Reihe von Stahl- und Gipsarbeiten, die von gravierten Tafeln (im Untergeschoss ausgestellt) und Soundarbeiten begleitet werden. Sung Tieus neuer, aus Skulpturen und Wandarbeiten bestehende Werkkomplex nimmt Fragen des Raums und des Volumens zum Anlass, deren grundlegende Rolle sowohl im Kunstschaffen als auch bei der Gestaltung von Hafträumen und in bürokratischen Systemen zu betrachten. Sieben mit Erde gefüllte Stahlskulpturen, auf Stahltischen platziert, beziehen sich auf vier Typen von Gefängnisarchitektur: das so genannte „Radial“-Gefängnis, das in den 1840er-Jahren in Großbritannien entstand, die „Innenhof“-Architektur, die es im späten zwanzigsten Jahrhundert ablöste, und die „neue Generation“ von Gefängnissen, die in den 1990er-Jahren aufkam. Tieu lädt uns ein, einen Blick in das Innere der kantigen, schrägen Formen zu werfen, das die Organisation dieser Räume offenbart. Drei der Werke vergrößern ein Detail dieser Innenräume. Das Hinzufügen von vor Ort entnommener Erde stellt eine Verbindung zum Land her. Das allgegenwärtig verfügbare organische Material dient zudem als Hinweis auf die Existenz nationaler Grenzen. Die Skulpturen sind von einer zweiten Serie von Wandarbeiten auf Gipsbasis umgeben, die auf verschiedene Dokumente zur Beurteilung einer Einwanderungsberechtigung verweisen. Drei Formulare, die jeweils für einen Asylantrag, den Einspruch gegen eine Abschiebung und einen Antrag auf eine „Befreiung von Unzulässigkeitsgründen“ verwendet werden, bilden die Grundlage für die Wandarbeiten. Ohne Text und auf Linien und Kästchen reduziert, geben sie nur jene Teile des Formulars wieder, die von den Antragstellenden auszufüllen sind. Die Werke lenken die Aufmerksamkeit auf die rasterförmige Grafik der Dokumente, die Aufteilung der Fläche auf der Oberfläche und die Abstrahierung ihrer kompositorischen Elemente innerhalb eines Schemas linearer, quadratischer und rechteckiger Formen. In die glatte Gipsoberfläche gefräst, wirken sie wie rätselhafte Notationen. Sie spielen auf antike Ton- und Steintafeln an, die zu den frühesten Formen der Inschrift zählen und administrative oder praktische Regeln antiker Gesellschaften beschreiben. Im Untergeschoss bietet Tieu eine schriftliche Analyse dieser Gipsarbeiten an, in der sie die Aufteilung der Flächen untersucht und mit Zahlen quantifiziert. Die Ausstellung wird von einem Soundtrack begleitet, der auch auf der Website des Mudam angehört werden kann. Die im Untergeschoss gezeigten Texte sind auch über ein Informationsblatt zu finden, das an Kasse des Mudam erhältlich ist. Sung Tieu’s Arbeit wurde im Rahmen von Einzelausstellungen im Kunstmuseum Bonn, in der Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig (2021), im Nottingham Contemporary und im Haus der Kunst in München (2020) gezeigt. Ihre Werke waren zudem Teil der 34. Biennale von São Paulo und wurden im Museion in Bozen, in der Kunsthalle Basel (2021), im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt/ Main, im GAMeC Museum in Bergamo und im Hamburger Bahnhof in Berlin (2020) ausgestellt. Zu ihren kommenden Projekten gehören Einzelausstellungen in der Amant Foundation, im MIT List Visual Arts Center in Cambridge (USA) und im Kunstmuseum Winterthur (jeweils 2023). 2021 erhielt sie den Frieze Artist Award und den ars vivaPreis. Im gleichen Jahr erhielt sie zudem den Publikumspreis anlässlich des Preises der Nationalgalerie in Berlin. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Kuratorin: Michelle Cotton, assistiert von Clémentine Proby Civic Floor ist eine Ausstellung Zusammenarbeit mit dem MIT List Visual Arts Center, Cambridge, Massachusetts (USA) und der Southern Alberta Art Gallery, Maansiksikaitsitapiitsinikssin, Lethbridge (Kanada).

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